Eine kritische Betrachtung
Gibt es wirklich einen Fachkräftemangel?
Der Begriff „Fachkräftemangel“ ist allgegenwärtig, aber die Realität ist differenzierter. Während in Branchen wie IT, Pflege oder Ingenieurwesen tatsächlich qualifizierte Kräfte fehlen, ist die Mehrheit des Arbeitsmarktes weiterhin hart umkämpft. Schätzungen zeigen, dass nur etwa 20 % der Beschäftigten in Bereichen arbeiten, die als knapp gelten. Die Herausforderung liegt oft weniger in einem generellen Mangel, sondern in spezifischen Anforderungen und einem Missverhältnis zwischen Angebot und Nachfrage (Indeed Jobs & Hiring Trends Report Deutschland 2024)
Stellenausschreibungen: Wünschen oder fordern?
Viele Stellenanzeigen lesen sich wie Wunschlisten: Masterabschluss, mindestens fünf Jahre Erfahrung, Kenntnisse in drei verschiedenen Systemen, Führungskompetenz – aber bitte mit operativer „Hands-on-Mentalität“. Diese Überfrachtung führt dazu, dass Bewerber oft zögern, sich zu bewerben, oder ihre Unterlagen trotz fehlender Qualifikationen schicken. Die Konsequenz: HR-Abteilungen sind überfordert, KI-gestützte Systeme sortieren Bewerber mit unpassenden Schlagwörtern aus, und am Ende passt niemand wirklich (Karrierebibel aktuelle Trends zur Bewerbung 2024)
Überqualifiziert: Warum werden diese Bewerber aussortiert?
Oft wird argumentiert, dass überqualifizierte Bewerber schneller unzufrieden sein könnten oder höhere Gehaltsforderungen stellen. Aber ist es nicht sinnvoll, eine Stelle mit jemandem zu besetzen, der mehr als ausreichend qualifiziert ist? Gründe für Bewerbungen auf solche Stellen könnten sein:
- Wunsch nach einer besseren Work-Life-Balance.
- Interesse an einem stabileren oder regionalen Arbeitsplatz.
- Branchenwechsel oder Neuausrichtung.
- Abkehr von Führungsverantwortung.
- Persönliche Gründe wie Familie oder Gesundheit.
Die Frage des Ghostings
Ein weiteres Problem ist die fehlende Rückmeldung durch Unternehmen - auf die Bewerbungen gibt es keine Antwort. Dieses „Ghosting“ hinterlässt bei Kandidaten Frustration und trägt zu einem schlechten Arbeitgeberimage bei.
Quelle: ... So beklagen sich drei Viertel (74 Prozent) der Befragten über das sogenannte "Ghosting". Sie seien von Personalverantwortlichen ignoriert worden, nachdem der Bewerbungsprozess begonnen hatte. „Auf Seiten der Personaler:innen wird das übrigens gar nicht geleugnet, denn 52 Prozent der befragten Personalverantwortlichen geben zu, selbst schon einmal Job-Anwärter:innen geghostet zu haben”, erklärt Andre Reinhardt, Team Lead Account Management Germany bei JobTeaser."...)
Lösungsansatz: Consulting, Coaching, Communication
Für Unternehmen:
- Consulting: Analyse der tatsächlichen Anforderungen und Reduktion überladener Stellenausschreibungen.
- Coaching: Schulung von HR-Teams im Umgang mit unkonventionellen Profilen und KI-Tools.
- Communication: Offene Rückmeldungen an alle Bewerber, um Transparenz und Respekt zu zeigen.
Für Arbeitnehmer:
- Consulting: Unterstützung bei der strategischen Neuausrichtung auf dem Arbeitsmarkt.
- Coaching: Stärkung der Selbstpräsentation und Vorbereitung auf Interviews.
- Communication: Aufbau eines authentischen und sichtbaren Profils in beruflichen Netzwerken.
Diskussionsfrage:
Wie seht ihr das? Sind Stellenausschreibungen zu anspruchsvoll, oder fehlt den Bewerbern die Flexibilität? Kommentiert eure Meinung!
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